Kräutersuppe, Palmbuschen und Osterei
Alte Bräuche – neu interpretiert
Zaghaft, aber doch, bekommt nun auch bei uns im Lammertal der Frühling die Oberhand. Die Natur erwacht aus einem tiefen, erholsamen Winterschlaf und strotzt geradezu vor Kraft und Energie. Und diese dürfen wir Menschen für uns nutzen. Eine gute Suppe, ein vitaminreicher Kuchen, gesunder Honig, Kräuter zum Eierfärben oder heilsame Pflanzen im Palmbuschen. Hier erfahrt Ihr ein wenig darüber, wie das Frühlingserwachen in der Region Dachstein-West rund um Annaberg-Lungötz erlebt und gefeiert wird. Vielleicht werdet Ihr ja sogar davon inspiriert?
Wer wird der Palmesel sein?
Das Wichtigste zuerst! Als Kinder haben wir uns sehr gehütet, am Palmsonntag der letzte zu sein, der morgens aus dem Bett kommt. Denn dafür gab es den wenig begehrten Titel „Palmesel“. Damit wird es die ganze Karwoche über nicht einfacher. Die Ferien laden ein zum Ausschlafen, aber nein, ab Gründonnerstag war es wieder zum Aufpassen mit Titulierungen. Denn „Antlassgooschn“ (Gooschn ist ein wackeliges Gefährt) wollte man wirklich nicht werden. Übrigens werden am Gründonnerstag in der Regel die Eier für Ostern gefärbt und diese hatten früher auch den Namen Antlasseier. Angeblich stammt der Begriff „Antlass“ aus dem Mittelalter. Nach der langen Fastenzeit samt Beichte wurde man sozusagen von seinen Sünden „entlassen“. Gut, weiter. Am Karfreitag läuten keine Glocken, es packen vielerorts, so auch bei uns, die Ministranten Ratschen aus. Das Geräusch ersetzt das Glockengeläut. Aber der Langschläfer an diesem Tag freut sich nicht darüber, dass er nun die Karfreitagsratschn geworden ist. Nur am Ostersonntag ist es dann umgekehrt: Wer es als erster aus dem Bett schafft, darf sich über die Anrede „Osterlämmchen“ freuen.
Neun Kräuter und der Gründonnerstag
Apropos Gründonnerstag: Bereits lange vor dem nun gängigen Osterfest begrüßten die Menschen den Frühling mit Ritualen und Speisen. Den ersten Kräuter, die nach dem Winter wieder gesammelt werden konnten, schrieb man eine besondere Kraft zu. Das neue Sprießen kann ja nur mit viel Energie gelingen und so ist das frische Grün tatsächlich vollgepackt damit. Aus neun Kräutern – die Zahl Neun galt als besonders heilig – wurde eine Suppe bereitet, die mit der Kraft des Frühlings uns Menschen gut tun sollte. Ob man daran glaubt oder nicht, die Frühlingskräuter schmecken auf jeden Fall köstlich und haben erwiesenermaßen viele gute Vitamine und weitere Stoffe, die uns zuträglich sind.
Traditionell wird bei uns am Gründonnerstag eine Neun-Kräuter-Suppe auf den Tisch gebracht. Zwar hat der ursprüngliche Name Gründonnerstag nichts mit frischem Kräutergrün zu tun, sondern stammt vom Althochdeutschen „greinen“ für weinen/klagen ab, aber im Laufe der Zeit wurde „grün“ daraus, was ja hervorragend in den Frühling passt.
Wir verraten Euch heute ein Rezept für die Neun-Kräuter-Suppe:
- Je eine Handvoll (ca. 30 g) Kräuter – traditionell sind es meist: Brennnessel, Giersch, Vogelmiere, Gänseblümchen, Löwenzahn, Wegerich, Gundermann, Bärlauch und Taubnessel (bitte pflückt NUR Kräuter, die Ihr auch wirklich kennt!!! Wenn es nicht neun verschiedene sind, die Ihr wisst, dann lieber weniger nehmen)
- 2 EL Butter
- 2 Zwiebeln
- 2 EL Mehl
- 125 ml Schlagobers
- 1 Liter Gemüsesuppe
- Salz und Pfeffer nach Geschmack
Bitte nehmt wirklich nur Kräuter, die Ihr auch kennt. Die Suppe soll Euch guttun und keine Beschwerden auslösen.
Die Kräuter waschen, trocktentupfen und kleinhacken. Die Zwiebeln werden fein geschnitten und in einem Topf mit der Butter angedünstet. Das Mehl darüber streuen und unter ständigem Rühren die Gemüsebrühe langsam dazugießen. Lasst die Suppe kurz aufkochen und dann für etwa weitere fünf Minuten köcheln. Die kleingehackten Kräuter jetzt dazugeben und das aufgeschlagene Obers vorsichtig unter die Suppe heben. Zum Schluss noch mit (Kräuter)Salz und Pfeffer abschmecken. Mit Blütenköpfen, wie vom Gänseblümchen, kann noch nett dekoriert werden.
Übrigens, wem so eine Kräutersuppe nicht unbedingt schmeckt, der kann auch gerne einmal mein absolutes Frühlings-Lieblingsrezept ausprobieren, nämlich einen pikanten Brennnessel-Kuchen. Der ist leicht gemacht und schmeckt wirklich gut. Kann auch mit Bärlauch oder anderen Kräutern gebacken werden.
Wipferlhonig – süß und gesund
So schön der Frühling auch ist, die Gefahr, sich bei bereits warmen Temperaturen und doch kühlem Wind zu erkälten, ist groß. Für diesen Fall – oder auch für Naschkatzen – gibt es ein gutes Mittel, einen kratzenden Hals zu beruhigen oder etwas Gesundes aus dem Garten zu schlemmen. Der Wipferlhonig ist zwar kein echter Honig, der von Bienen produziert wird, sondern eigentlich ein Sirup. Aber er ist süß und gesund und wird deshalb vom Volksmund als „Honig“ bezeichnet.
Lest hier weiter, wie Ihr ihn gewinnen und zubereiten könnt. Gutes Gelingen!
Sieben Pflanzen für den Palmbuschen
Das frische Grün hat aber noch viel mehr drauf, als „nur“ verkocht zu werden. Bereits am Beginn der Karwoche, also für den Palmsonntag, werden bestimmte Kräuter und Pflanzen zu einem sogenannten Palmbuschen zusammengebunden. Die Pflanzen werden sorgsam ausgewählt und haben alle einen starken Bezug zum Volksglauben und zur Volksmedizin. So steht die Salweide für Auferstehung und Neubeginn. Ähnlich wie die Eibe, sie steht für Veränderung und Transformation. Der Wacholder hat seine Kraft bereits im Namen – der „Wachhalter“ ist ein Lebendigmacher. Efeu ist ein Zeichen für Ewigkeit und Treue, die immergrüne Thuje und der Buchs symbolisieren das Leben an sich. Und die Stechpalme verspricht Schutz und spitituelle Führung. Sie alle werden mit einer Weidengerte zusammengebunden und werden am Palmsonntag auf der Prozession nach dem Gottesdienst geweiht. Nach altem Glauben wird der Palmbuschen dann in die Wiese oder in den Garten gesteckt und sorgt als Segensbringer für reiche Ernte und viel Gras für die Tiere am Hof. Bei starken Gewittern wurde und wird etwas vom Palmbuschen verheizt, das soll Blitz und Donner vom Haus abhalten. Eigentlich ein schöner Gedanke, oder?
Wenn es Euch interessiert, hier ist ein Link zum Blogbeitrag über den Palmbuschen.
Bunte Ostereier mit Kräutern gefärbt
Und noch ein alter Brauch beinhaltet Kräuter, Blumen und Pflanzen im Frühling. Das Ostereier-Färben. Bevor die Eier in die Farbe getunkt werden, umwickelt man sie nämlich mit Blüten und Blättern, Ei- und Zwiebelschalen. Dort, wo die Farbe dann nicht oder nur spärlich hinkommt, bilden sich traumhaft schöne Muster. Wenn Ihr mehr darüber wissen wollt, dann könnt Ihr hier erfahren, wie es genau gemacht wird. Viel Freude damit und schöne Ostern Euch allen!
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