In Annaberg wohnen die Engel das ganze Jahr

Winterlandschaft

Eine ganz besondere Weihnachtsgeschichte aus Annaberg-Lungötz: Die Geschichte, die ich Euch erzähle, hat sich tatsächlich zugetragen. Sie handelt zwar vom Wandern im Sommer, aber besonders jetzt in der Weihnachtszeit haben Engel „Hochsaison“ im Bewusstsein der Menschen. Und was uns Herr Möbius, ein Gast aus Annaberg-Lungötz, in seinem Brief geschrieben hat, passt wohl hervorragend in jede Jahreszeit:

Wie sieht ein Engel aus ?

Vielleicht begegnen Sie einem und merken es nicht. Stellen Sie sich vor, Sie sehen einen Mann über die Fünfzig mit schwarz gelocktem Haar. Ein leichtes Grau ist schon zu bemerken und er raucht Zigaretten. Würden sie da an einen Engel denken?

Es war ein nasser Sommer, 2014 im Dachsteingebiet. Mit unsere Enkelkindern Rahel (12), Ruben (10) und Mirjam (8) waren wir in den Urlaub gefahren. Urlaub auf dem Bauernhof!

Was für ein Erlebnis, für die Kinder  im Kuhstall zu helfen, die Kühe mit auf die Weide zu treiben oder  abends dabei zu sein , wenn sie wieder in den Stall kamen. Ganz zu schweigen von dem Pony, auf dem man reiten konnte. Und rings herum die vielen Berge und die schönen Wanderung, die wir machen konnten. Nur das Wetter war da ein Unsicherheitsfaktor. Nach einigen Wanderungen und einigen Regenpausen und dem täglichen Hören des Wetterberichtes, waren die Aussichten für den nächsten Tag ganz gut. Hatten wir es doch schon einmal erlebt, daß wir am Vormittag losgezogen waren, als die Wolken noch den Himmel verschlossen. Gegen Mittag war die Wolkendecke aufgerissen und am späten Nachmittag waren wir im schönsten Sonnenschein nach Hause gekommen.

So war es auch für den nächsten Tag angesagt. Vielleicht hatte ich mir das Passende auch nur herausgesucht, wer weiß das hinterher noch so genau. Außerdem, was will man als Großvater auch machen, wenn die Enkel Punkte beim Wandern sammeln wollen, um eines dieser begehrten Abzeichen zu bekommen!? So zogen wir also an einem Morgen zur Stuhlalm. Von dort ging es hinunter und durchs Stuhlloch hinauf in Richtung Losegalm. Schon beim Aufstieg durchs Stuhlloch setzte ein Nieselregen ein. Oben auf dem Höhenweg wurde es nicht besser.

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Wir steckten mitten in den Wolken. Froh waren wir als der Wegweiser zur Losegalm in Sicht kam. Nach einer ganzen Strecke über eine Weide, wo Markierungen immer noch im Nebel zu sehen waren , kamen wir auf den Weg zur Almhütte. Allerdings wurde die Sicht immer schlechter.

Inzwischen regnete es schon kräftig. Der Gedanke an die warme Hütte, wo man die Sachen trocknen konnte, ließen mich aber frohgemut weiter laufen. Bis zu dem Punkt, wo auf dem Wegweiser nichts mehr von der Losegalm stand. „Jetzt bist du vorbeigelaufen“, dachte ich mir.

Zum Glück hob sich der Nebelschleier etwas und die Konturen von zwei Dächern grüßten zu uns herüber. Da war ich aber froh. Wir eilten hinüber und fanden die Almhütte – verschlossen.

Ein Auto stand da  aber kein Mensch war zu sehen. So stellten wir uns schweren Herzens unter ein Vordach. Dort aßen wir unseren Proviant und tranken etwas Wasser. Als wir fast fertig waren, kam eine Gruppe Einheimischer. Auf meine Bemerkung, daß alles zu sei, reagierten sie erheitert und zeigten weiter gerade aus. Jetzt hatte sich der Nebel noch mehr gehoben und ein großes Gebäude, hell erleuchtet , kam zum Vorschein. Daran konnte ich mich nicht erinnern. Vor Jahren waren wir in jener kleinen und jetzt verschlossenen Hütte eingekehrt. Da wir mit Essen fertig und nun ziemlich durchnäßt waren, drängte ich zum Aufbruch. So liefen wir talwärts. Der Nebel wurde weniger und nach einiger Zeit hörte es auf zu regnen. Ich orientierte mich so gut ich konnte. Wir liefen auf einem schönem Güterweg. Nach einiger Zeit merkte ich, wie Rahels Kräfte schwanden. Dabei lagen nach meiner Schätzung noch etwa zehn Kilometer vor uns. So schickte ich ein Stoßgebet los.

„Lieber Vater, schick doch ein Taxi der Rahel fällt das Laufen sauer.“ Weit weg vom nächsten Ort, wo sollte da ein Taxi herkommen? Aber den Vater im Himmel kann man um alles bitten. Allerdings schien es mir ziemlich unwahrscheinlich, das hier sich ein Taxi hin verirren könnte.

So warteten Ruben und ich, wenn Rahel zurückgeblieben war. Nach einiger Zeit kam links am Güterweg ein Bauerngut in Sicht. Ein Mann stieg über Baumstämme. Er war über Fünfzig, hatte schwarz gelocktes Haar mit einem leichtem Grauschimmer. Er rauchte eine Zigarette.

„Entschuldigen sie bitte“, sprach ich ihn an. Er brachte meine Orientierung auf den richtigen Stand.

„Bei meinem Nachbarn müssen sie rechts abbiegen. Dann geht eine Schotterstraße etwa fünf Kilometer…..“ und so weiter und so fort. Für die gute Auskunft bedankte ich mich. So zogen wir weiter. Das nächste Bauerngut kam heran. Als wir auf den Schotterweg abbiegen wollten, kam ein Auto angefahren. Es hielt an und der Fahrer sprach mich an. Zuerst verstand ich nicht was er wollte.

Doch dann erkannte ich den Mann, der uns vorhin den Weg erklärt hatte. Er müsse morgen sowieso dort rüber, ob er nun heute oder morgen fahre, wäre ja egal, wir sollten nur einsteigen, er nähme uns mit.

So befanden wir uns in einem Auto, das uns nach Hause brachte. Ich sagte ihm, wo wir wohnten.

Natürlich kannte er unseren Gastgeber, wie sich ja dort die Menschen noch kennen. Ganz im Gegensatz zur Anonymität unsere Städte. So unterhielten wir uns auf der Fahrt, die ganz schön lang war. Wie froh war ich über diese Möglichkeit. Zu Hause angekommen, nahm ich das Portemonnaie und fragte was er bekäme. „Nichts“. „Das ginge nicht“, konterte ich. Was hätte ich für ein Taxi bezahlen müssen! Natürlich mußte er etwas bekommen. Als er merkte, daß ich nicht locker lassen wollte, lachte er mich an und sagte unmissverständlich :“Ich nehme sowieso nichts!“

So blieb nur ein herzlicher Händedruck und ein ebensolches „Dankeschön“.

So schnell, wie er gekommen war, war er auch wieder verschwunden.

Wie sieht ein Engel aus? Oft jedenfalls ganz anders. Jedenfalls lassen sie sich senden.

Sie nehmen einen Auftrag an und helfen. Sie wollen dafür nicht einmal etwas nehmen.

Sollten Sie einem Mann, über Fünfzig mit schwarz gelocktem Haar, welches schon einen grauen Schimmer hat, sehen, der eine Zigarette raucht, ist nicht auszuschließen, daß er schon einmal als Engel unterwegs war.

Wintertag

Wie sehen Engel aus? Habt Ihr Euch das schon einmal gefragt – oder habt Ihr davon eine ganz persönliche Vorstellung?

Wir wünschen Euch allen frohe Weihnachten und ein glückliches und zufriedenes Neues Jahr!

Fotonachweis: SalzburgerLand.com(2)/Bernhard Ponemayr(1)
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