Fuß Wallfahrt zum Filzmooser Kindl
Ein Wunder zum Beginn der Wallfahrt
„In jener Zeit, als die Gegend von Filzmoos noch Viehweide war, hörten zwei Schafhirten einst ein liebliches Glöcklein. Sie gingen dem Klang nach und fanden zu ihrer Verwunderung ein kleines, geschnitztes Jesuskind auf einem halbverfaulten Baumstrunk stehen, das mit einem Glöcklein läutete und die beiden ersten Finger der rechten Hand erhob. Diese wunderbare Begebenheit berichteten die beiden Hirten dem zuständigen Seelsorger, dem Pfarrer von Altenmarkt. Ihre Angaben wurden an Ort und Stelle für richtig befunden und das Schnitzbildnis nach Altenmarkt gebracht. Noch in der gleichen Nacht war das Bildnis verschwunden und wurde schließlich am gleichen Ort wieder aufgefunden, wo es die Hirten zum ersten Mal entdeckt hatten.
Daraufhin wurde es in das „einen halben Büchsen-Schuss entlegene Peterskirchlein übersetzt; allwo es bis zum heutigen Tag verblieben, und sich … gegen die Menschen gnadenreich, ja wunderthätig erwiesen“ (Wallfahrtsbüchlein von 1772).
Matthias schreitet voran
Wann die Wallfahrt zum „Filzmooser Kindl“ von Annaberg einsetzte, kann nicht gesagt werden, darüber bestehen keine genauen Aufzeichnungen. Fest steht aber, dass es mündlich schon lange weitergegeben wurde. Und sicher ist, dass die Wallfahrt von Bartholomäus Schilchegger im Jahre 1936 wieder aufgenommen wurde: „Meine Mutter hatte eine Krämerei in Annaberg. Gläubige aus Abtenau, die nach Filzmoos pilgerten, machten bei uns eine Rast“, erklärt Sohn Matthias Schilchegger, der nach dem Vater die alljährliche Organisation übernommen hat. Mit der Fahne, die zum 25-Jahr-Jubiläum 1961 von seinem Vater gestiftet wurde, schreitet nun er jedes Jahr am ersten Sonntag im Oktober voran. Ganz egal, welches Wetter es hat: „Ich habe seit 1976 genaue Aufzeichnungen darüber geführt, wie viele Pilger auf dieser Wallfahrt dabei sind und wie die Witterung war. Manchmal sind wir dabei schon in den Schnee gekommen.“
„Es gibt genug zu danken“
Seit er sechs Jahre alt ist, kann sich Matthias erinnern, an der Wallfahrt teilgenommen zu haben: „Wir sind im Glauben erzogen worden, das Pilgern hat bei uns einfach dazu gehört. Außerdem gibt es immer genug zu danken.“ Der Annaberger weiß, dass man auch ohne Wallfahrt durch das Jahr kommt, aber: „Ob eine bestandene Prüfung, eine Geburt oder aber auch ein überstandener Unfall, es gibt genug Gründe, einmal inne zu halten und zu sehen, wieviel Gutes einem gegeben wird.“ Früher ging die Pilgerreise am Sonntag los, man übernachtete in Filzmoos und wanderte erst am Montag über das Almengebiet wieder heim: „Das sind sehr schöne Erinnerungen, leider musste das auf einen Tag verkürzt werden, weil viele Berufstätige nicht frei bekommen.“
Beim Marterl geht die Wallfahrt los
Die Pilgerroute beginnt am Unterdürmoos um 13.00 Uhr beim Marterl, das Bartholomäus Schilchegger 1963 gestiftet hat. Dann geht es Rosenkranz betend hinunter in das Neubachtal nach Lungötz. Von dort führt der Weg wieder bergauf bis hin zum Langeggsattel, wo Andacht gehalten wird und die Pilger gezählt werden: „Wir sind zwischen 70 und 170 Pilger, Alt und Jung, bunt gemischt“, weiß Matthias Schilchegger, „nur 2006 sprengten wir die 200er Grenze, aber da hat P. Bernhard davor eifrig Werbung dafür gemacht.“ Im Jahr 2012 schrieb er die magere Pilgerzahl von 47 Personen in seine Aufzeichnungen, und daneben nur ein Wort „Sauwetter“: „Wir haben uns auf dieser Wallfahrt dreimal umgezogen, weil wir so durchnässt waren, bis wir in Filzmoos ankamen. Aber normalerweise ist das Wetter kein Indikator für die Personenanzahl. Gegangen wird bei uns immer.“
Mit Schwung und Rosenkranz
Mit Schwung und mit einem Rosenkranz geht es nun vom Langeggsattel bis nach Neuberg: „Die Pilger haben einen recht flotten Schritt“, meint Matthias Schilchegger, „Früher mussten wir diese Strecke mit Polizeischutz bewältigen, so viele Leute auf der kurvigen Straße bergen eine Gefahrenquelle“, erinnert er sich, „heute sind wir froh über den Geh- und Radweg.“ In Filzmoos angekommen wird die Wallfahrermesse gefeiert, die meist vom Annaberger Kirchenchor oder Männerchor gestaltet wird.
Wallfahrt mit besonderem Segen
Im Jahre 1981 erfuhr die Pilgergruppe ein ganz besonderes Erlebnis, Pfarrer Heribert Jäger erteilte den Gläubigen in Filzmoos seinen Primizsegen, also den Segen eines „frischgebackenen“ Pfarrers, der für viele Gläubige etwas ganz besonderes darstellt: „Es heißt bei uns, für einen Primizsegen darf man durchaus ein Paar Sohlen durchlaufen“, meint Matthias und fügt hinzu: „So weit mussten wir ja gar nicht gehen, aber es war eine ganz eigene Erfahrung, als sich der frisch geweihte Priester die Zeit nahm, uns alle einzeln zu segnen. Immerhin waren wir 193 Leute.“
Das „Kindl“ und das HeuART-Fest
Im Jahr 2016 haben sich sogar die Annaberger Trachtenfrauen dem Thema „Filzmooser Kindl“ beim HeuART-Fest angenommen und das wundertätige „Kindl“ für den Umzug durch Lungötz nachgebaut. Matthias Schilchegger erklärte sich bereit, die Figur zu sponsern: „Wunderbar, was die Gruppe hier geleistet hat“, meint er anerkennend: „Die Bastler waren sogar in Filzmoos, haben genau Maß genommen und auch das schöne Festkleid der Statue originalgetreu gefertigt.“ Das Kindl aus Heu ist vor der Pfarrkirche in Annaberg zu bestaunen.
Am 6. Oktober ist es wieder soweit. Dann wird Matthias Schilchegger wieder die Fahne nach Filzmoos tragen, zum Dank für ein gutes Jahr.
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